Tierische Zelllinien werden durch Kultivierung von Zellen aus tierischem Gewebe gewonnen. Durch ein spezielles Nährmedium können die Zellen auch außerhalb des tierischen Organismus weiterleben und sich sogar vermehren. Zelllinien finden in der modernen Wissenschaft breite Anwendung und werden unter anderem in der Forschung, der Entwicklung und der Medizin verwendet.
Die Geschichte der tierischen Zelllinien
Tierische Zelllinien kommen in der Natur schon seit vielen Jahrtausenden vor. Das Sticker-Sarkom, ein infektiöser Tumor, der vor bis zu 11.000 Jahren entstand, gilt heute als die älteste tierische Zelllinie natürlichen Ursprungs.
Die Naturwissenschaft versuchte bereits vor mehreren Jahrhunderten, Zellen außerhalb eines Organismus am Leben zu erhalten. Erstmals schaffte es Wilhelm Roux im Jahre 1885, das grundlegende Prinzip der Zellkultur zu beweisen. Dem Embryologen gelang es, embryonale Hühnerzellen in einer Salzlösung für einige Tage lebendig zu erhalten. Im Jahre 1913 erbrachte der französische Mediziner Alexis Carrel den Beweis dafür, dass Zellen in einer Zellkultur wachen können, wenn sie aseptisch gehalten und gefüttert werden. Die Grundsteine für die gezielte Herstellung von tierischen Zelllinien waren also gelegt.
Herstellung von tierischen Zelllinien
Tierische Zelllinien werden durch Zellkultur gewonnen. Dies bedeutet, dass die Zellen in einem Nährmedium außerhalb des Organismus kultiviert werden. Um tierische Zelllinien herzustellen, werden dem tierischen Gewebe zunächst Zellen entnommen. Die Zellen können aus unterschiedlichem Gewebe, beispielsweise aus einzelnen Organen stammen. Anschließend werden die tierischen Zellen in einem Kulturmedium weitergezüchtet. Dabei entsteht zunächst eine Primärkultur. Aus der Primärkultur kann durch Zelltransformation eine sogenannte immortalisierte Linie entstehen. Eine immortalisierte Zelllinie entgeht dem programmierten Zelltod und lässt sich dadurch theoretisch unbegrenzt vermehren.
Bei der Kultivierung von Zellen ist die Wahl des richtigen Nährmediums von größter Bedeutung. Damit die Zellen weiterleben und sich sogar weiterentwickeln können, müssen zahlreiche Faktoren auf den jeweiligen Zelltyp abgestimmt werden. Das Medium muss den Zellen ermöglichen, ihre typischen Funktionen auszuführen. Bei der Zusammensetzung des Nährmediums muss darauf geachtet werden, dass der pH-Wert und das Puffersystem richtig gewählt und die Zellen mit der richtigen Menge an verschiedenen Nährstoffen versorgt werden. Auch die Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidkonzentration und die Temperatur müssen optimal eingestellt werden.
Ein typisches Kulturmedium setzt sich überwiegend aus Aminosäuren und Vitaminen, anorganischen Salzen, Puffergemischen und einer Kohlenstoffquelle wie Glutamin zusammen. Daneben enthalten Nährmedien in der Regel ein Serum, beispielsweise fetales Kälberserum, welches wachstumsfördernde Substanzen wie Proteine, Hormone, Spurenelemente und Lipide enthält. Die genaue Zusammensetzung unterscheidet sich jedoch von Zelltyp zu Zelltyp. Die anschließende Vermehrung der Zellen erfolgt in speziellen Inkubatoren bei einer Temperatur von 37 Grad Celsius und einer Atmosphäre von 5 Prozent CO₂.
Verwendung von tierischen Zelllinien
Tierische Zelllinien werden in der Biologie und den Life Sciences zunehmend häufig verwendet. Sie werden überwiegend in der medizinischen Forschung und Entwicklung sowie zur Herstellung molekularer Produkte eingesetzt. Zelllinien ermöglichen ein tieferes Verständnis zahlreicher zellulärer Prozesse wie der Zellteilung und des Stoffwechsels. Dank der Zelllinien entstehen beispielsweise Impfstoffe, Enzyme, monoklonale Antikörper und vieles mehr. Da tierische Zelllinien auch zum Testen von verschiedenen Substanzen eingesetzt werden, kann dank der Zellkultur die Anzahl von Tierversuchen deutlich reduziert werden.
Besonders wichtig sind tierische Zelllinien für die Entwicklung und Herstellung von Medikamenten. Bei der Herstellung vieler wichtiger moderner Biopharmazeutika wird heutzutage auf Zelllinien von Säugetieren zurückgegriffen. Als Biopharmazeutika bezeichnet man makromolekulare Wirkstoffe wie Nukleinsäuren oder Proteine, die in lebenden, gentechnisch veränderten Zellen hergestellt werden. Als momentan wichtigste tierische Zelllinie für Proteine gelten die CHO-Zellen (Chinese Hamster Ovary Cells), die aus den Ovarien des Chinesischen Zwerghamsters gewonnen werden.
Neben all diesen bereits etablierten Bereichen werden tierische Zelllinien zunehmend auch in neuen Bereichen eingesetzt, beispielsweise in der Herstellung von technischen oder landwirtschaftlichen Produkten. Zellkultur bietet also ein großes Potential für die Zukunft der Wissenschaften, der Medizin und der Technik.